1919–1926
Schon 1919 wurde Max Peiffer Referendar am Hattinger Amtsgericht.
Durch Verfügung des Regierungspräsidenten zu Arnsberg am 4. September 1919 setzte er seinem Familiennamen Peiffer den Familiennamen seines Stiefvaters Watenphul hinzu und nannte sich seither Max Peiffer Watenphul.
Im Herbst 1919 fasste Peiffer Watenphul den Entschluss, sich ganz der Malerei zu widmen und seine juristische Laufbahn aufzugeben. Auf den Rat von Frau Lily Klee ging er an das Staatliche Bauhaus in Weimar zu Johannes Itten.
Vom Herbst 1919 bis Sommer 1922 war Max Peiffer Watenphul am Bauhaus in Weimar im Vorkurs von Johannes Itten. Von Gropius hatte er die Erlaubnis erhalten, in allen Werkstätten zu hospitieren, und bekam auch ein eigenes Atelier.
Der Künstler äußerte sich folgendermaßen zum Leben am Weimarer Bauhaus:
»Jene um die Meister gescharten Schülergruppen des Bauhauses waren nach Alter, Herkunft und Begabung sehr verschieden zusammengesetzt. Am gegensätzlichsten war der Kreis um den immer noch jugendbewegten Itten, der hauptsächlich aus jungen Wiener Intellektuellen und sonstigen Schwarmgeistern bestand. Es gab oft erhitzte Auseinandersetzungen, weil alle gegen die überkommenen Begriffe rebellierten und ständig Neues suchten. Man war arm, ernährte sich von dürftiger Kost und fror in den ungeheizten Ateliers. Aber mit großem Elan versuchte man, mit den Querelen und Freuden des Lebens fertig zu werden und daraus eine beinahe religiös zu nennende Weltanschauung zu formen. Wir kleideten uns in billige Fetzen, die wir aber malerisch drapierten. Manche von uns bemalten sich Tag für Tag die Schuhe mit einer anderen Farbe oder trugen Russenkittel, die mit großen, an Halsketten hängenden Brustkreuzen geschmückt waren. Die vielen Feste, bei denen zur Musik der Bauhauskapelle barfuß getanzt wurde, hatten oft einen geradezu kultischen Einschlag. […]
Der Unterricht war nicht fest umrissen, sondern sehr beweglich. Es wurde experimentiert und die Umwelt in den Unterricht einbezogen. Beispielsweise kochte man nach Mazdaznan – ein Lebensführungssystem, das die Weisheit Zarathustras erneuern will und in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg viele Anhänger hatte –, trieb Gymnastik, um vor dem Aktzeichnen beweglich zu sein, und hörte die Lehren Gertrud Grunows zur Stärkung der produktiven Kräfte des Menschen. Wanderprediger traten auf, wurden verhöhnt oder schlugen einige in Bann, die dann mitwanderten oder ins Kloster gingen. Im Sommer fanden stimmungsvolle Laternenfeste statt, und bei Mondschein badeten wir nackt in der Ilm. Das waren romantisch harmlose Vergnügen, die aber von den Bürgern Weimars als tollste Ausschweifung der schon sattsam bekannten und berüchtigten Bauhäusler angesehen wurden. […] Anregend, kurzweilig und mitunter aufregend fanden wir die Abendveranstaltungen – Vorträge, Aussprachen oder Konzerte –, zu denen Dichter, Philosophen und Künstler von Rang und Ruf aus Deutschland, Österreich und der Schweiz kamen. Ich erinnere mich noch genau an eine Lesung der Else Lasker-Schüler. Die Wiener Gruppe hatte den Saal mit Gebetsteppichen und Leuchtern geschmückt. Die kleine Dichterin mit dem zigeunerhaften Gesicht trat höchst würdevoll auf und sprach ihre Gedichte, die uns tief erschütterten. Auch ihr Freund Theodor Däubler las uns seine gedankenschweren, von visionären Gesichten erfüllten Dichtungen vor. Franz Werfel kam, gefolgt von seiner Gattin Alma Mahler, der Witwe des Komponisten, die uns interessierte, war sie doch von Kokoschka gemalt und sehr berühmt. Die Tage in Weimar waren jedenfalls immer bunt, bewegt und nie langweilig.« (B. Bilzer, Max Peiffer Watenphul, Göttingen 1974, S. 8 f.)
Am Bauhaus in Weimar war Peiffer Watenphul mit Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky sowie Josef Albers bekannt und besuchte auch den Unterricht der beiden ersteren. Weiterhin war er in der Lithowerkstatt tätig und machte dort seine ersten Lithografien. Zu Peiffer Watenphuls Freunden zählten Kurt Schwitters, Oskar Schlemmer, Gerhard Marcks, Else Lasker-Schüler, Max Buchartz, Werner Gilles, Grete Willers, Vally Neumann, Paul Klee, der 1921 seine Lehrtätigkeit am Bauhaus aufgenommen hatte, und dessen Frau Lilly.
Seit 1920 war Peiffer Watenphul Mitglied des Künstlerbundes »Das Junge Rheinland« und nahm regelmäßig an Ausstellungen teil. Der Kunsthändler Alfred Flechtheim, der eine Galerie in Düsseldorf hatte, schloss mit dem jungen Künstler einen Vertrag ab, der ihn finanziell unabhängig machte. Ernst Gosebruch veranstaltete 1921 im Kunstmuseum in Essen eine erste Ausstellung seiner Werke. In jener Zeit schloss der Künstler Freundschaft mit dem Sammler Klaus Gebhard in Wuppertal. Im Sommer 1920 machte Peiffer Watenphul seine erste Reise nach Salzburg und Wien. Damals entstand die enge Beziehung zu Salzburg, die sein ganzes Leben lang hielt. Auf diese Zeit geht auch die Bekanntschaft mit Stefan Zweig und dessen Frau Friederike, Hugo und Gertie von Hofmannsthal, Richard Billinger und Robert Neumann zurück.
Im November 1921 fuhr er zum ersten Mal nach Italien. Über Rom und Neapel ging es nach Positano, wo ihn Karli Sohn-Rethel und Werner Heuser erwarteten. Im Januar 1922 war Peiffer Watenphul in Rom. Die erste Begegnung mit Italien war eine Enttäuschung, er hatte sich ein mit Blumen übersätes Land vorgestellt und fand stattdessen alles grau in grau. In der Ewigen Stadt wohnte er in einem ungeheizten Atelier, das man ihm zur Verfügung gestellt hatte. Den Rückweg nach Deutschland wählte er über Salzburg. Wieder in Weimar am Bauhaus, arbeitete der Künstler in der Webereiwerkstatt. Es entstand der Teppich, den die Schüler 1923 Johannes Itten zum Abschied schenkten.
Im Sommer 1922 arbeitete der Künstler in Salzburg in der Emailwerkstatt von Maria Cyrenius. Im Herbst 1922 lernte er durch Klaus Gebhard in Wuppertal Alexej Jawlensky kennen und befreundete sich mit ihm. Er war derjenige Maler, der Peiffer Watenphul, wie dieser selbst sagte, dazu anregte, »Farbe in seine Bilder zu bringen«. Jawlensky besaß ein Landschaftsbild von Peiffer Watenphul, das 1945 bei einem Luftangriff auf Wiesbaden in seinem Atelier verbrannte.
Von Herbst 1922 bis Februar 1923 war Peiffer Watenphul in Düsseldorf, wo er ein Atelier bei Frau Sohn-Rethel bewohnte. Zu seinem Bekannten- und Freundeskreis gehörten Otto Pankok, Gert Heinrich Wollheim, Otto und Martha Dix, Max Ernst, Johanna Ey, J. Baptist Hermann Hundt und Hans Koch. Im Jahr 1923 zwang die Besetzung des Ruhrgebietes durch die Franzosen den Künstler zu einem längeren Aufenthalt im elterlichen Haus in Hattingen. Im Herbst arbeitete er fünfzehn Tage in Wuppertal in der Werkstatt des Goldschmiedes Karl Krall. In diesen Jahren erhielt er finanzielle Unterstützung durch den Sammler Klaus Gebhard. Bis Ende 1923 hatte er seinen festen Wohnsitz in Weimar.
Am 1. Juli 1924 fuhr Max Peiffer Watenphul auf einem Frachtschiff über Kuba nach Veracruz in Mexiko und von dort nach Mexico City. Der Künstler hielt sich bis zum 4. Februar 1925 dort auf; seinen Unterhalt verdiente er mit Malstunden sowie mit Bühnen- und Plakatmalerei für die Theatergruppen der deutschen Vereine. Mit dem Schriftsteller Wilhelm Pferdekamp bereiste er Mexiko, besonders die Provinz Morelos und die Umgebung von Mexico City. Sein Interesse galt der mexikanischen volkstümlichen Malerei. In dieser Zeit entstanden die großen mexikanischen Landschaften mit ihren starken Farben, die in Form und Aufbau schon Vorläufer der späteren südlichen Landschaften sind. Im Februar kehrte er mit einem Frachtdampfer zurück nach Hamburg.
Im August 1926 verbrachte er mit Maria Cyrenius einen Monat in Ragusa (heute Dubrovnik, Kroatien). Im Herbst 1926 machte er eine Reise nach Südfrankreich. Im Dezember war er in Paris, anschließend ging er nach Florenz und Rom.